Aus dem Leben der Erdkröte

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DIE WANDERUNG

 

 

R. Frösch jun., 1975, Ergänzung 2011

 

 

Allgemeines

Wohl jedes Kind scheint die Erdkröte zu kennen. Ich stelle aber immer wieder fest, dass sie mit dem Grasfrosch verwechselt wird. Deshalb möchte ich hier noch einmal kurz den Unterschied zwischen den beiden Arten beschreiben. Erdkröte ist nicht einfach nur braun. Es gibt bei ihr Vari-anten von gelb über braun, rot bis zu grünlich und schwarz gefärbten Tieren. Eine Erdkröte lässt sich aber sofort vom Grasfrosch unterscheiden durch die vielen kleinen Warzen, die ihren Körper überdecken. Im Gegensatz dazu ist die Haut des Grasfrosches glatt und meist marmoriert in den verschiedensten Farben. Auf dem Rücken hat er zudem eine Art Höcker; dort befindet sich der obere Beckenrand. Hinter den Augen der Erdkröte befindet sich je eine grosse Drüse, die den Fröschen fehlt. Diese ist meist etwas dunkler gefärbt als der übrige Körper. Die Erdkröten haben im Verhältnis zur Körpergrösse kürzere Hinterbeine als die Grasfrösche. Daneben gibt es noch mehrere Unterschiede, die aber für den Laien von nicht sehr grosser Bedeutung sind; so haben beispielsweise die Erdkröten keine Zähne, die Frösche aber haben welche. Gut ist der Laich der beiden Arten zu unterscheiden. Kröten produzieren Laichschnüre, Frösche Laichballen.

Erdkrötenmännchen trifft auf der Wanderung einen männlichen Fadenmolch. Erdkrötenmännchen, verhallt vom Strahl der Lampe erfasst auf der Stelle

Besondere Gewohnheiten

Zwei ganz besondere Eigenarten zeichnen die Erdkröten aus, nämlich ihre Ortstreue und ihre Wanderung zu den Laichgewässern. Die Ortstreue der Erdkröten zeigt sich nicht nur darin, dass sie jahrelang im gleichen Keller den Sommer verbringen. Sie überwintern auch immer am selben Ort und laichen an genau der Stelle, an der sie einst dem Ei entschlüpften. Wie wir später sehen werden, bringt das, und vor allem die Wanderungen zwischen den verschiedenen Orten, eine grosse Gefahr mit sich. Doch zurück zur Ortstreue. Man hat festgestellt, dass ein und dieselbe Kröte während mehr als einem Jahrzehnt, also vermutlich während ihres ganzen Lebens, den Sommer immer an derselben Stelle verbringt. Im Sommer schadet die Ortstreue nicht, denn da-durch, dass jede Kröte ihr Revier besitzt, konkurrenzieren sie sich nicht unnötig. Anders sieht die Sache aber im Frühling aus. Wie bereits erwähnt, laichen die Tiere immer an ihrem Geburtsort. Was passiert nun, wenn man den Tümpel oder Weiher zudeckt oder auch nur den Teil des Ge-wässers, in dem die Kröte geboren wurde? Die Tiere werden bis an ihr Lebensende (mit weni-gen Ausnahmen) jedes Jahr den Geburtsort aufsuchen, sich dort eingraben und auf das Wasser warten; Wasser, das niemals kommen wird. Erst wenn der Laichtrieb der Erdkröten abgeklungen ist, verlassen sie die Stelle und wandern in ihre Sommerquartiere.

Ich habe vorhin von Ausnahmen geschrieben. Im Frühling wird die Erdkröte von zwei Haupttrie-ben gelenkt. Zuerst vom Wandertrieb. Dieser lenkt das Tier an seinen Laichplatz; dort tritt dann der zweite Trieb in Aktion, der Laichtrieb, worauf es ablaicht. Es kann nun passieren, dass der Laichtrieb einsetzt, bevor die Kröte den Laichplatz erreicht hat. In diesem Falle laicht sie im nächsten Gewässer. Dann gibt es auch noch eine Art „Halbstarke“, vor allem Jungkröten, die nicht die gleichen Wege wandern wie ihre Artgenossen und dadurch neue Laichplätze erschlies-sen. Dank diesen beiden Ausnahmen war es den Erdkröten möglich, fast alle Gewässer zu be-siedeln. In der Zukunft werden diese Ausnahmen noch eine grössere Rolle spielen. Dann näm-lich, wenn es gilt, die Tiere an neue Wanderwege und Laichplätze zu gewöhnen.

Und nun zu den Wanderungen, die die Erdkröten unternehmen. Fangen wir im Sommer an. Die Kröte befindet sich in ihrem Sommerquartier. Hier unternimmt sie höchstens Streifzüge von 5o bis 150 m Länge. Hier sammelt sie auch die Vorräte, die es ihr gestatten, den langen Winter zu überdauern. Im September beginnt dann für die Tiere die Herbstwanderung ins Winterquartier, wo sie sich anfangs Oktober im Boden eingraben. Diese Herbstwanderungen können bis 2 km weit führen. Ziel ist meist ein nahe beim Laichplatz gelegener Waldrand. Den Winter verbringen die Tiere in einer Kältestarre, das bedeutet, dass, sobald eine bestimmte Temperatur erreicht wird, die Tiere in eine Starre verfallen. In diesem Zustand wird die Atmung auf ein Minimum beschränkt. Der ganze Stoffwechsel wird verlangsamt. Im Gegensatz zum Winterschlaf, wie ihn etwa der Siebenschläfer macht, gibt es kein Erwachen, bis die Temperatur wieder über den kritischen Punkt gestiegen ist.

In der zweiten Märzhälfte erwachen jene Tiere, die laichbereit sind, aus der Winterstarre. Dies gilt nicht für alle, da nicht alle jedes Jahr laichen; nicht laichende Kröten verbleiben in der Winter-starre. Damit die Kröten erwachen, bedarf es einer Temperatur von 4 bis 5°C. Nun beginnt die zweite Wanderung. Sie führt die Erdkröten zu ihren Laichplätzen. Diese Wanderung ist ungefähr einen Kilometer lang, die Kröten wandern aber nur bei 4 bis 5°C. Das ist wesentlich weniger als im Sommer, wo sie nur bei über 10°C aktiv werden. Sie streben dabei ziemlich schnell Richtung Weiher; sie können auch mehrere Weiher durchschwimmen. Auch im Geburtsgewässer suchen sie genau jene Stelle auf, an der sie geboren wurden. Dort tauchen sie auf den Grund oder halten sich am Ufer versteckt. Diese Periode nennt man die Vorlaichzeit. Nach ein bis zwei Tagen tauchen die Kröten auf und beginnen mit dem Laichen. Es findet also in dieser Zeit die Umstim-mung vom Wandertrieb zum Laichtrieb statt. Während der Laichwanderung sind die Kröten schon recht paarungslustig. Die Männchen springen die Weibchen an und lassen sich von ihnen zum Weiher tragen. Sie springen sich auch gegenseitig an; dabei kommt es oft zu lustigen Rau-fereien, an denen bis zu zehn Männchen beteiligt sein können. Sobald ein Männchen von einem Geschlechtsgenossen angesprungen wird, stösst es einen metallisch klingenden Abwehrlaut aus. Dieser Abwehrlaut genügt meistens, um den Rivalen abzuhalten. Bei mehreren Männchen wird nacheinander, eines nach dem andern besprungen. Durch das Gezappel und die vielen Abwehr-rufe werden andere, sich in der Nähe befindende Männchen angezogen, und es kommt zu einer Art Kettenreaktion. Bald wälzt sich ein Knäuel von mehreren Männchen am Boden, von denen keines gewillt ist, loszulassen. Das kann auch am Laichplatz passieren; dabei ertrinkt dann meist das unten liegende Weibchen. Von den Männchen wird überhaupt alles, was sich bewegt, für ein Weibchen gehalten, sogar die Füsse von Fussgängern. Die Kröten wandern nur des Nachts, am Tag vergraben sie sich an Wegrändern und in Gebüschen. Deshalb sollte man im Frühling keine Hecken anzünden, weil man damit Hunderte von Kröten verbrennen kann. Ich habe das schon oft beobachtet, da die Kröten sehr zäh sind, wandern einige mit vollständig offenem Rücken weiter. Man kann dann die blossliegenden Knochen sehen. Viele dieser Tiere gehen später an Infek-tionen zugrunde oder sie trocknen aus.

 

Das Männchen wandert huckepack mit.

Das erstaunlichste an den Wanderungen ist aber der unheimliche Orientierungssinn. Die Kröten finden sowohl ihre Sommerquartiere, ihren Überwinterungsplatz als auch ihren Laichplatz mit ab-soluter Sicherheit. Dabei können sie, da sie ja nicht einmal über das Gras sehen, nicht einfach ihr Ziel ins Auge fassen und dann jene Richtung einschlagen. Herr Dr. H. Heusser hat Versuche ge-macht, um festzustellen, wie sich die Kröten orientieren. Dabei hat er folgende Orientierungsmit-tel ausscheiden können, die mit Bestimmtheit nicht in Frage kommen: Die Kröten orientieren sich nicht visuell, geruchs‑, geographie‑, erinnerungs‑ und wassermässig. Sie richten sich auch nicht nach Sonne, Mond und Sterne. Er hat also herausgefunden, dass die Orientierungsweise völlig unbekannt ist. Es handelt sich hier um eines der Wunder der Natur, das trotz jahrelangen Ver-suchen noch nicht gelüftet werden konnte.

Die Verhältnisse in Zofingen

In Zofingen finden wir zwei Teiche, in denen die Erdkröten laichen. Es sind dies der Bärenmoos-weiher und der Haldenweiher, beides alte Teiche. Im Bärenmoosweiher laichen aber etwa zwanzigmal mehr Kröten als im Haldenweiher, das heisst im Haldenweiher etwa 400, und im Bärenmoosweiher rund 8’000 Kröten. Die genauen Zahlen sind nicht feststellbar, da die einen schon den Weiher verlassen haben, bevor die letzten im Weiher erscheinen. Es ist schwer zu sagen, woran das liegt; ein Grund dürfte aber die jahrelange Verschmutzung oder Trockenlegung des Haldenweihers sein. Im Weitern sind die Kröten des Haldenweihers durch die Überbauung stärker bedrängt (Bärenhubel ‑ Stöckliacker usw.), und zu guter Letzt ist der Haldenweiher auch kleiner.

Ich befasse mich zuerst mit den Verhältnissen des Haldenweihers. Die Tiere dieses Laichge-wässers scheinen sich hier vor allem an den Waldrändern nördlich und nordöstlich des Weihers zur Überwinterung zusammenzuziehen. Im Frühling wandern sie dann auf den Hauptrichtungen, wie sie im Plan eingezeichnet sind, gegen den Weiher. Wohl infolge ihrer wärmeren Winterquar-tiere erscheinen sie im Frühling ein bis zwei Tage vor den Kröten des Bärenmoosweihers, und beginnen mit der Wanderung. Logisch, dass die Kröten, die wärmere Winterquartiere (sonnen-beschienene oder trockenere) benützen, eher erscheinen als die anderen. Meist sammeln sich die Tiere am Waldrand, bevor sie wellenweise den schützenden Wald verlassen. Im allgemeinen geht die Wanderung aber sehr schnell vor sich. Durch Markierungen habe ich festgestellt, dass Kröten in einer Nacht bestimmt Strecken von über 500 m zurücklegen können. Die Geschwindig-keit hängt aber weitgehend von der Stärke des Wandertriebes und den Wetterbedingungen ab. Hindert man die Kröten am Wandern, klingt der Trieb ab, und die Kröten verlieren jedes Interesse am Laichplatz und fallen wieder in die Winterstarre. Nun ist es schade, dass die Hauptzüge der Kröten beim Haldenweiher einerseits über die Rebbergstrasse und andererseits durch das Hubersbergliquartier führen. Es ist daher mit einem weiteren Rückgang der Zahl der Tiere zu rechnen. Was man dort machen soll und kann, werden wir später etwas genauer anschauen.

Nachdem die Kröten gelaicht haben, verlassen sie den Weiher und begeben sich in ihre Som-merquartiere. Diese können bis zu zwei Kilometer vom Weiher entfernt liegen. Wenn sie ihre Sommerquartiere Ende April erreicht haben, halten sie noch einmal eine kurze Winterruhe, bis die Temperatur in der Nacht etwa 10°C beträgt. So warm muss es sein, damit die Kröten im Sommer aktiv werden. Im Herbst wandern sie in ihre Winterquartiere zurück. Dies geschieht, wie auch die Wanderung in die Sommerquartiere, weniger zielstrebig als die Laichwanderung. Die Tiere wandern auch nicht so konzentriert, so dass man auf den Strassen weniger überfahrene Tiere findet. Die Tiere bleiben im Frühling anscheinend auch länger auf den von der Sonne erwärmten Strassen sitzen, um Wärme zu tanken. Dieses Sitzenbleiben konnten sich die Kröten früher leisten, da sie als giftige Tiere kaum natürliche Feinde haben. Heute ziehen sie allerdings gegen die Autos den kürzeren. Sobald sie vom Licht angestrahlt werden, bleiben sie sitzen und werden überrollt.

Haldenweiher                                         Bärenmoosweiher

                       

Die Kröten des Bärenmoosweihers überwintern in der Nähe des Waldrandes von der Lehmgru-be bis zum Schiessplatz. Die Breite des Gebietes ist ungewiss, reicht aber gut bis zum Reser-voir, es ist also bestimmt 500 m breit. Im Frühling wandern sie dann auf den auf dem Plan ange-gebenen Hauptrichtungen gegen den Weiher. Zuerst erscheinen sie auf den Reutenen, ein bis zwei Tage später beim Schiessstand. Nach und nach wandern sie auch Richtung Talboden, allerdings erst fünf bis sechs Tage, nachdem sie die Reutenen erreicht haben. Dies ist dadurch zu erklären, dass manchmal im Tälchen noch Schnee liegt, wenn oben schon lange alles trocken ist. Die Kröten müssen oft über kurze Strecken durch Schnee und Eis wandern. Das macht ihnen nichts aus, wenn sie nicht zu sehr Körpertemperatur verlieren. Die Wanderung zu den Laichplät-zen am Bärenmoosweiher ist deshalb stark gestaffelt. Die letzten Tiere der Reutenen haben längst den Weiher erreicht, wenn die ersten des Tälchens mit der Wanderung beginnen. Deshalb ist es auch so schwierig, die Zahl der Laichenden zu schätzen. Auf der Wanderung und am Laichplatz kommen auf ein Weibchen mehr als 5 Männchen. Die rührt vor allem daher, dass fast alle erwachsenen Krötenmännchen am Laichplatz erscheinen, von der Weibchen aber nur jedes zweite. Die Weibchen legen demzufolge zwischen zwei Laichperioden eine einjährige Pause ein. Möglicherweise sind sie wegen ihrer Grösse und des etwas plumperen Wesens stärker gefähr-det und sind deshalb in der Minderzahl. Das Geschlechtsverhältnis schwankt von Laichplatz zu Laichplatz. Dr. H. Heusser stellt Verhältnisse von eins zu acht bis gegen eins zu drei fest. Am Bärenmoosweiher beträgt es etwa eins zu fünf, am Haldenweiher ungefähr eins zu sieben. Nach-dem ich über 2’000 Tiere gemessen habe, kann ich auch die Durchschnittsgrösse der Zofinger Kröten angeben. Die Weibchen messen bei uns 85 mm, die Männchen 65,5 mm. Hier gilt, je wärmer die Gegend, desto grösser die Tiere. Das bis jetzt grösste gemessene Weibchen mass 104 mm. Ich habe es im Frühling 1970 gemessen; das kleinste, gemessen im Frühling 1974 war 66 mm lang. Bei den Männchen schwanken die Zahlen zwischen 56 und 90 mm. Die Weibchen sind also im Schnitt 20 mm grösser. Die laichvollen Weibchen sind fast viermal schwerer als die Männchen, aber auch normal sind sie mindestens doppelt so schwer. Nach der Laichzeit zer-streuen sich die Kröten des Bärenmoosweihers, wie ihre Artgenossen des Haldenweihers, in alle Richtungen; natürlich halten sie noch eine kurze Winterstarre.

Im Herbst wandern auch sie wieder zu ihren Winterquartieren. Zu dieser Herbstwanderung ist noch nachzutragen, dass nur Kröten, die im Frühjahr zum Laichplatz gehen, daran teilnehmen; das heisst, praktisch alle erwachsenen Männchen und rund die Hälfte der Weibchen. Alle restli-chen Tiere sowie die jungen überwintern in der Nähe ihrer Sommerquartiere. Dadurch sparen diese Tiere einen Weg von bis zu vier Kilometern. Wenn die Lufttemperatur unter 10°C sinkt, verfallen die Kröten in die Winterstarre. Dies geschieht auch bei den wandernden Tieren, die zu diesem Zeitpunkt ihre Winterquartiere erreicht haben. Im Gegensatz zur Frühlingswanderung bleiben die Kröten also nicht aktiv, bis die Temperatur unter 5°C sinkt. Die Frühlingswanderung nimmt somit eine Sonderstellung ein. Vom Beginn der Laichplatzwanderung an fressen die Kröten nichts, während sie auf der Herbstwanderung normal jagen. Die Zeit, während der die Kröten Nahrung zu sich nehmen, ist also gleich lang, ungeachtet der Tatsache, ob das Tier am Laichzug teilgenommen hat oder nicht. Die Laichplatzwanderung bedeutet also sicher eine abnormale Leistung; so ist es nicht verwunderlich, dass die Weibchen jeweils eine Pause einschalten. Ganz abgesehen davon, dass die Weibchen bis zu 6’000 Eier produzieren, was sicher auch keine Kleinigkeit ist.

Zunahme, Stagnation, Rückgang?

Ob die Zahl der Kröten in Zofingen abnimmt oder nicht, ist nicht so leicht zu sagen. Wahrschein-lich geht die Zahl zurück; man kann das erwarten, wenn man immer mehr Strassen und Häuser baut. Auch die vielen Gifte, die man heute verwendet, setzen der sonst ausserordentlich zähen Erdkröte stark zu. Die Frage ist hier wohl nicht „Nimmt die Zahl der Erdkröte ab?“, sondern: „Stirbt sie gar aus ?“. Wo treffen wir überhaupt die Erdkröten am empfindlichsten ? Diese Frage ist leicht zu beantworten: Es ist ganz sicher der schlechte Zustand des Laichplatzes, der die Tiere gefährdet. Ist das Wasser verschmutzt oder voller Fische, so dezimieren wir die Kaulquappen. Besteht der Laichplatz überhaupt nicht mehr, so stirbt die ganze Population innerhalb von zehn bis fünfzehn Jahren aus. Alle diese Möglichkeiten konnte und kann man in Zofingen beobachten. Da wäre zum Beispiel der Haldenweiher, zu Zeiten Fischer ‑ Sigwarts ein Juwel (um 1900). Sämtliche Amphibienarten des Mittellandes bewohnten ihn nebst Ringelnattern und sogar Sumpfschildkröten; letztere wurden allerdings eingesetzt. In der Folge wurde der Weiher stark vernachlässigt. Er verschmutzte stark, trocknete zeitweise sogar aus. Der Erfolg: von den Tau-senden dort laichenden Tieren blieben knapp 400 Erdkröten sowie 500 Grasfrösche übrig. Wenn man bedenkt, dass diese Tiere über fünfzehn Jahre alt werden können, ist das ein kläglicher Rest. Andere Tierarten traf es stärker. So sind verschwunden: der Teichmolch, der Kammolch, der Laubfrosch, die Geburtshelferkröte, die Gelbbauchunke und der Wasserfrosch (von den Reptilien ganz zu schweigen). Nun hat man den Teich neu gestaltet. Ob er sich aber, trotz massiver Aussetzung von Amphibien, erholen wird, ist noch ungewiss.

Ganz anders der Bärenmoosweiher. Wegen seines kälteren Wassers war er nie so artenreich wie der Haldenweiher. Aber auch hier hat man einen Fehler gemacht. In ihm wurden Fische aus-gesetzt, und obwohl der Weiher unter Naturschutz steht, wird dort gefischt. Es ist ein Wunder, dass es noch niemand mit Regenbogenforellen versucht hat, denn dann wäre das Schicksal der Amphibien besiegelt. Molche sowie einige andere kleine Amphibienarten, aber auch der Was-serfrosch, wurden bereits ausgerottet. Glücklicherweise haben die Lurche in einem Fisch einen Helfer. Der Hecht hält nämlich, obwohl er ab und zu alte Frösche und Kröten frisst, die Zahl der Fische in Grenzen. Durch die Fische sind vor allem die Kaulquappen gefährdet, ihnen stellen alle Fische nach. Das gilt besonders für die Kaulquappen der Grasfrösche, weniger für diejenigen der Kröten, die wegen ihrer Giftigkeit von den Fischen gemieden werden. Eine Gefahr des Aussterbens besteht. Eine Abnahme der Zahl der Fische wäre durchaus zu begrüssen. Beson-ders heute, wo noch so viele andere Gefahren für die Lurche dazukommen. Die Zahl der Fische zu reduzieren wäre leichter, als kein Gift mehr zu verwenden oder das Bauwesen zu stoppen. Man würde dadurch einen gewissen Ausgleich schaffen. Damit könnte man vermeiden, dass, wie im Talchenweiher in Strengelbach, der einmal die meisten Frösche und Kröten des Bezirks be-herbergte, die Tiere beinahe vollständig aussterben. Ein anderes Beispiel ist ein Feuerweiher im Riedtal, wo nach der Aussetzung von Regenbogenforellen die dort zahlreich vorkommenden Ge-burtshelferkröten und Bergmolche praktisch ausgerottet wurden. Erst die Zukunft wird zeigen, wie sich die verschiedenen Gifte auswirken.

Etwas anderes bedroht ebenfalls die zwei Populationen. Wir haben gesehen, dass die Bedin-gungen im Haldenweiher wieder gut sind. Leider gilt das nicht für die Umgebung. Einerseits wurde das ganze Hubersbergli überbaut, hohe Mauern versperren den Kröten den Weg. Ande-rerseits werden auf der Rebbergstrasse sehr viele Tiere überfahren. Deshalb sieht dort die Zukunft für die Erdkröten nicht rosig aus. Wenn es nicht gelingt, die Tiere auf andere Wege zu bringen, werden bald keine mehr zum Laichen kommen. Beim Bärenmoosweiher ist es gerade umgekehrt, hier sind die Bedingungen im Weiher schlechter, dafür gefährdet nur eine Strasse, die Bottenwilerstrasse, die Kröten. Diese Strasse wird von den wandernden Tieren vom Wald-rand bis hinauf zum alten Reservoir überquert. Die logische Folge daraus ist also, dass man im Bärenmoosweiher die Bedingungen für eine erfolgreiche Fortpflanzung und beim Haldenweiher die Wanderbedingungen zum Weiher verbessern sollte.

Schutzmassnahmen

Zuerst ist zu sagen, dass jeder zum Schutze der Tiere beitragen kann, indem er auf den von ihm benützten Strassen langsam fährt und ihnen ausweicht. Ferner sollte niemand Wegränder und Hecken anzünden, das ist zudem strafbar. Vielleicht kann sich der eine oder andere auch ent-schliessen, Kröten von Strassen wegzutragen. Dabei ist die Wanderrichtung zu beachten, denn es hat ja keinen Sinn, ein Tier wieder zurückzutragen. Einigen Gartenbesitzern ist es vielleicht möglich, keine Gifte mehr zu verwenden. Dies wäre auch im Hinblick auf andere Tiere, wie etwa den Igel oder die Blindschleiche, wünschenswert.

Haldenweiher                                         Bärenmoosweiher

                             

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen nun wieder zurück zu den beiden Weihern in Zofingen. Die ersten Massnahmen gelten ohne Zweifel den Kröten des Haldenweihers. Hier gilt es, die Tiere am Durchqueren des Hubersbergli ‑ Quartiers und am Betreten der Strasse zu hindern. Dies kann man mit Drahtgeflechtabschrankungen erreichen. Diese müsste man entlang des Waldrandes anbringen, so dass die Kröten um die ganze Siedlung geleitet würden. Eine Mög-lichkeit habe ich auf dem Plan eingezeichnet. Mit der Zeit könnte man dann hoffen, dass die Kröten auch ohne Zaun den neuen Weg benützen. Er müsste aber mindestens fünf bis sechs Jahre bestehen. Für die Kröten des Bärenmoosweihers könnte man ebenfalls eine Schranke auf der Nordseite der Bottenwilerstrasse errichten, es käme dort auch ein tiefer Graben in Frage. Von Zeit zu Zeit könnte man die Tiere durch Röhren auf die andere Strassenseite führen.

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