Aus dem Leben der Erdkröte DIE WANDERUNG
R. Frösch jun., 1975, Ergänzung 2011
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Allgemeines Wohl jedes Kind scheint die Erdkröte zu kennen. Ich stelle aber immer
wieder fest, dass sie mit dem Grasfrosch verwechselt wird. Deshalb möchte
ich hier noch einmal kurz den Unterschied zwischen den beiden Arten
beschreiben. Erdkröte ist nicht einfach nur braun. Es gibt bei ihr
Vari-anten von gelb über braun, rot bis zu grünlich und schwarz gefärbten
Tieren. Eine Erdkröte lässt sich aber sofort vom Grasfrosch unterscheiden
durch die vielen kleinen Warzen, die ihren Körper überdecken. Im Gegensatz
dazu ist die Haut des Grasfrosches glatt und meist marmoriert in den
verschiedensten Farben. Auf dem Rücken hat er zudem eine Art Höcker; dort
befindet sich der obere Beckenrand. Hinter den Augen der Erdkröte befindet
sich je eine grosse Drüse, die den Fröschen fehlt. Diese ist meist etwas
dunkler gefärbt als der übrige Körper. Die Erdkröten haben im
Verhältnis zur Körpergrösse kürzere Hinterbeine als die Grasfrösche.
Daneben gibt es noch mehrere Unterschiede, die aber für den Laien von nicht
sehr grosser Bedeutung sind; so haben beispielsweise die Erdkröten keine
Zähne, die Frösche aber haben welche. Gut ist der Laich der beiden Arten
zu unterscheiden. Kröten produzieren Laichschnüre, Frösche Laichballen.
Besondere Gewohnheiten Zwei ganz besondere Eigenarten zeichnen die Erdkröten aus, nämlich ihre
Ortstreue und ihre Wanderung zu den Laichgewässern. Die Ortstreue der
Erdkröten zeigt sich nicht nur darin, dass sie jahrelang im gleichen Keller
den Sommer verbringen. Sie überwintern auch immer am selben Ort und laichen
an genau der Stelle, an der sie einst dem Ei entschlüpften. Wie wir später
sehen werden, bringt das, und vor allem die Wanderungen zwischen den
verschiedenen Orten, eine grosse Gefahr mit sich. Doch zurück zur Ortstreue.
Man hat festgestellt, dass ein und dieselbe Kröte während mehr als einem
Jahrzehnt, also vermutlich während ihres ganzen Lebens, den Sommer immer an
derselben Stelle verbringt. Im Sommer schadet die Ortstreue nicht, denn
da-durch, dass jede Kröte ihr Revier besitzt, konkurrenzieren sie sich nicht
unnötig. Anders sieht die Sache aber im Frühling aus. Wie bereits
erwähnt, laichen die Tiere immer an ihrem Geburtsort. Was passiert nun,
wenn man den Tümpel oder Weiher zudeckt oder auch nur den Teil des
Ge-wässers, in dem die Kröte geboren wurde? Die Tiere werden bis an ihr
Lebensende (mit weni-gen Ausnahmen) jedes Jahr den Geburtsort aufsuchen, sich
dort eingraben und auf das Wasser warten; Wasser, das niemals kommen wird.
Erst wenn der Laichtrieb der Erdkröten abgeklungen ist, verlassen sie die
Stelle und wandern in ihre Sommerquartiere. Ich habe vorhin von Ausnahmen geschrieben. Im Frühling wird die Erdkröte
von zwei Haupttrie-ben gelenkt. Zuerst vom Wandertrieb. Dieser lenkt das Tier
an seinen Laichplatz; dort tritt dann der zweite Trieb in Aktion, der
Laichtrieb, worauf es ablaicht. Es kann nun passieren, dass der Laichtrieb
einsetzt, bevor die Kröte den Laichplatz erreicht hat. In diesem Falle
laicht sie im nächsten Gewässer. Dann gibt es auch noch eine Art „Halbstarke“,
vor allem Jungkröten, die nicht die gleichen Wege wandern wie ihre
Artgenossen und dadurch neue Laichplätze erschlies-sen. Dank diesen beiden
Ausnahmen war es den Erdkröten möglich, fast alle Gewässer zu be-siedeln.
In der Zukunft werden diese Ausnahmen noch eine grössere Rolle spielen.
Dann näm-lich, wenn es gilt, die Tiere an neue Wanderwege und Laichplätze
zu gewöhnen. Und nun zu den Wanderungen, die die Erdkröten unternehmen. Fangen wir im
Sommer an. Die Kröte befindet sich in ihrem Sommerquartier. Hier unternimmt
sie höchstens Streifzüge von 5o bis 150 m Länge. Hier sammelt sie auch
die Vorräte, die es ihr gestatten, den langen Winter zu überdauern. Im
September beginnt dann für die Tiere die Herbstwanderung ins
Winterquartier, wo sie sich anfangs Oktober im Boden eingraben. Diese
Herbstwanderungen können bis 2 km weit führen. Ziel ist meist ein nahe
beim Laichplatz gelegener Waldrand. Den Winter verbringen die Tiere in einer
Kältestarre, das bedeutet, dass, sobald eine bestimmte Temperatur erreicht
wird, die Tiere in eine Starre verfallen. In diesem Zustand wird die Atmung
auf ein Minimum beschränkt. Der ganze Stoffwechsel wird verlangsamt. Im
Gegensatz zum Winterschlaf, wie ihn etwa der Siebenschläfer macht, gibt es
kein Erwachen, bis die Temperatur wieder über den kritischen Punkt
gestiegen ist. In der zweiten Märzhälfte erwachen jene Tiere, die laichbereit sind, aus
der Winterstarre. Dies gilt nicht für alle, da nicht alle jedes Jahr
laichen; nicht laichende Kröten verbleiben in der Winter-starre. Damit die
Kröten erwachen, bedarf es einer Temperatur von 4 bis 5°C. Nun beginnt die
zweite Wanderung. Sie führt die Erdkröten zu ihren Laichplätzen. Diese
Wanderung ist ungefähr einen Kilometer lang, die Kröten wandern aber nur
bei 4 bis 5°C. Das ist wesentlich weniger als im Sommer, wo sie nur bei
über 10°C aktiv werden. Sie streben dabei ziemlich schnell Richtung
Weiher; sie können auch mehrere Weiher durchschwimmen. Auch im
Geburtsgewässer suchen sie genau jene Stelle auf, an der sie geboren
wurden. Dort tauchen sie auf den Grund oder halten sich am Ufer versteckt.
Diese Periode nennt man die Vorlaichzeit. Nach ein bis zwei Tagen tauchen
die Kröten auf und beginnen mit dem Laichen. Es findet also in dieser Zeit
die Umstim-mung vom Wandertrieb zum Laichtrieb statt. Während der
Laichwanderung sind die Kröten schon recht paarungslustig. Die Männchen
springen die Weibchen an und lassen sich von ihnen zum Weiher tragen. Sie
springen sich auch gegenseitig an; dabei kommt es oft zu lustigen
Rau-fereien, an denen bis zu zehn Männchen beteiligt sein können. Sobald
ein Männchen von einem Geschlechtsgenossen angesprungen wird, stösst es
einen metallisch klingenden Abwehrlaut aus. Dieser Abwehrlaut genügt
meistens, um den Rivalen abzuhalten. Bei mehreren Männchen wird
nacheinander, eines nach dem andern besprungen. Durch das Gezappel und die
vielen Abwehr-rufe werden andere, sich in der Nähe befindende Männchen
angezogen, und es kommt zu einer Art Kettenreaktion. Bald wälzt sich ein
Knäuel von mehreren Männchen am Boden, von denen keines gewillt ist,
loszulassen. Das kann auch am Laichplatz passieren; dabei ertrinkt dann
meist das unten liegende Weibchen. Von den Männchen wird überhaupt alles,
was sich bewegt, für ein Weibchen gehalten, sogar die Füsse von
Fussgängern. Die Kröten wandern nur des Nachts, am Tag vergraben sie sich
an Wegrändern und in Gebüschen. Deshalb sollte man im Frühling keine
Hecken anzünden, weil man damit Hunderte von Kröten verbrennen kann. Ich
habe das schon oft beobachtet, da die Kröten sehr zäh sind, wandern einige
mit vollständig offenem Rücken weiter. Man kann dann die blossliegenden
Knochen sehen. Viele dieser Tiere gehen später an Infek-tionen zugrunde oder
sie trocknen aus.
Das Männchen wandert huckepack mit. Das erstaunlichste an den Wanderungen ist aber der unheimliche
Orientierungssinn. Die Kröten finden sowohl ihre Sommerquartiere, ihren
Überwinterungsplatz als auch ihren Laichplatz mit ab-soluter Sicherheit.
Dabei können sie, da sie ja nicht einmal über das Gras sehen, nicht
einfach ihr Ziel ins Auge fassen und dann jene Richtung einschlagen. Herr
Dr. H. Heusser hat Versuche ge-macht, um festzustellen, wie sich die Kröten
orientieren. Dabei hat er folgende Orientierungsmit-tel ausscheiden können,
die mit Bestimmtheit nicht in Frage kommen: Die Kröten orientieren sich
nicht visuell, geruchs‑, geographie‑, erinnerungs‑ und
wassermässig. Sie richten sich auch nicht nach Sonne, Mond und Sterne. Er
hat also herausgefunden, dass die Orientierungsweise völlig unbekannt ist.
Es handelt sich hier um eines der Wunder der Natur, das trotz jahrelangen
Ver-suchen noch nicht gelüftet werden konnte. Die Verhältnisse in Zofingen In Zofingen finden wir zwei Teiche, in denen die Erdkröten laichen. Es sind
dies der Bärenmoos-weiher und der Haldenweiher, beides alte Teiche. Im
Bärenmoosweiher laichen aber etwa zwanzigmal mehr Kröten als im
Haldenweiher, das heisst im Haldenweiher etwa 400, und im Bärenmoosweiher
rund 8’000 Kröten. Die genauen Zahlen sind nicht feststellbar, da die
einen schon den Weiher verlassen haben, bevor die letzten im Weiher
erscheinen. Es ist schwer zu sagen, woran das liegt; ein Grund dürfte aber
die jahrelange Verschmutzung oder Trockenlegung des Haldenweihers sein. Im
Weitern sind die Kröten des Haldenweihers durch die Überbauung stärker
bedrängt (Bärenhubel ‑ Stöckliacker usw.), und zu guter Letzt ist
der Haldenweiher auch kleiner. Ich befasse mich zuerst mit den Verhältnissen des Haldenweihers. Die Tiere
dieses Laichge-wässers scheinen sich hier vor allem an den Waldrändern
nördlich und nordöstlich des Weihers zur Überwinterung zusammenzuziehen.
Im Frühling wandern sie dann auf den Hauptrichtungen, wie sie im Plan
eingezeichnet sind, gegen den Weiher. Wohl infolge ihrer wärmeren
Winterquar-tiere erscheinen sie im Frühling ein bis zwei Tage vor den
Kröten des Bärenmoosweihers, und beginnen mit der Wanderung. Logisch, dass
die Kröten, die wärmere Winterquartiere (sonnen-beschienene oder
trockenere) benützen, eher erscheinen als die anderen. Meist sammeln sich
die Tiere am Waldrand, bevor sie wellenweise den schützenden Wald
verlassen. Im allgemeinen geht die Wanderung aber sehr schnell vor sich.
Durch Markierungen habe ich festgestellt, dass Kröten in einer Nacht
bestimmt Strecken von über 500 m zurücklegen können. Die Geschwindig-keit
hängt aber weitgehend von der Stärke des Wandertriebes und den
Wetterbedingungen ab. Hindert man die Kröten am Wandern, klingt der Trieb
ab, und die Kröten verlieren jedes Interesse am Laichplatz und fallen
wieder in die Winterstarre. Nun ist es schade, dass die Hauptzüge der
Kröten beim Haldenweiher einerseits über die Rebbergstrasse und
andererseits durch das Hubersbergliquartier führen. Es ist daher mit einem
weiteren Rückgang der Zahl der Tiere zu rechnen. Was man dort machen soll
und kann, werden wir später etwas genauer anschauen. Nachdem die Kröten gelaicht haben, verlassen sie den Weiher und begeben
sich in ihre Som-merquartiere.
Diese können bis zu zwei Kilometer vom Weiher entfernt liegen.
Wenn sie ihre Sommerquartiere Ende April erreicht haben, halten sie
noch einmal eine kurze Winterruhe, bis die Temperatur in der Nacht etwa
10°C beträgt. So warm muss es sein, damit die Kröten im
Sommer aktiv werden. Im Herbst wandern sie in ihre Winterquartiere
zurück. Dies geschieht, wie auch die Wanderung in die
Sommerquartiere, weniger zielstrebig als die Laichwanderung. Die Tiere
wandern auch nicht so konzentriert, so dass man auf den Strassen
weniger überfahrene Tiere findet. Die Tiere bleiben im
Frühling anscheinend auch länger auf den von der Sonne
erwärmten Strassen sitzen, um Wärme zu tanken. Dieses
Sitzenbleiben konnten sich die Kröten früher leisten, da sie
als giftige Tiere kaum natürliche Feinde haben. Heute ziehen sie
allerdings gegen die Autos den kürzeren. Sobald sie vom Licht
angestrahlt werden, bleiben sie sitzen und werden überrollt. Haldenweiher
Bärenmoosweiher
Die Kröten des Bärenmoosweihers überwintern in der Nähe des Waldrandes
von der Lehmgru-be bis zum Schiessplatz. Die Breite des Gebietes ist
ungewiss, reicht aber gut bis zum Reser-voir, es ist also bestimmt 500 m
breit. Im Frühling wandern sie dann auf den auf dem Plan ange-gebenen
Hauptrichtungen gegen den Weiher. Zuerst erscheinen sie auf den Reutenen,
ein bis zwei Tage später beim Schiessstand. Nach und nach wandern sie auch
Richtung Talboden, allerdings erst fünf bis sechs Tage, nachdem sie die
Reutenen erreicht haben. Dies ist dadurch zu erklären, dass manchmal im
Tälchen noch Schnee liegt, wenn oben schon lange alles trocken ist. Die
Kröten müssen oft über kurze Strecken durch Schnee und Eis wandern. Das
macht ihnen nichts aus, wenn sie nicht zu sehr Körpertemperatur verlieren.
Die Wanderung zu den Laichplät-zen am Bärenmoosweiher ist deshalb stark
gestaffelt. Die letzten Tiere der Reutenen haben längst den Weiher
erreicht, wenn die ersten des Tälchens mit der Wanderung beginnen. Deshalb
ist es auch so schwierig, die Zahl der Laichenden zu schätzen. Auf der
Wanderung und am Laichplatz kommen auf ein Weibchen mehr als 5 Männchen.
Die rührt vor allem daher, dass fast alle erwachsenen Krötenmännchen am
Laichplatz erscheinen, von der Weibchen aber nur jedes zweite. Die Weibchen
legen demzufolge zwischen zwei Laichperioden eine einjährige Pause ein.
Möglicherweise sind sie wegen ihrer Grösse und des etwas plumperen Wesens
stärker gefähr-det und sind deshalb in der Minderzahl. Das
Geschlechtsverhältnis schwankt von Laichplatz zu Laichplatz. Dr. H. Heusser
stellt Verhältnisse von eins zu acht bis gegen eins zu drei fest. Am
Bärenmoosweiher beträgt es etwa eins zu fünf, am Haldenweiher ungefähr
eins zu sieben. Nach-dem ich über 2’000 Tiere gemessen habe, kann ich auch
die Durchschnittsgrösse der Zofinger Kröten angeben. Die Weibchen messen
bei uns 85 mm, die Männchen 65,5 mm. Hier gilt, je wärmer die Gegend,
desto grösser die Tiere. Das bis jetzt grösste gemessene Weibchen mass 104
mm. Ich habe es im Frühling 1970 gemessen; das kleinste, gemessen im
Frühling 1974 war 66 mm lang. Bei den Männchen schwanken die Zahlen
zwischen 56 und 90 mm. Die Weibchen sind also im Schnitt 20 mm grösser. Die
laichvollen Weibchen sind fast viermal schwerer als die Männchen, aber auch
normal sind sie mindestens doppelt so schwer. Nach der Laichzeit zer-streuen
sich die Kröten des Bärenmoosweihers, wie ihre Artgenossen des
Haldenweihers, in alle Richtungen; natürlich halten sie noch eine kurze
Winterstarre. Im Herbst wandern auch sie wieder zu ihren Winterquartieren. Zu dieser
Herbstwanderung ist noch nachzutragen, dass nur Kröten, die im Frühjahr
zum Laichplatz gehen, daran teilnehmen; das heisst, praktisch alle
erwachsenen Männchen und rund die Hälfte der Weibchen. Alle restli-chen
Tiere sowie die jungen überwintern in der Nähe ihrer Sommerquartiere.
Dadurch sparen diese Tiere einen Weg von bis zu vier Kilometern. Wenn die
Lufttemperatur unter 10°C sinkt, verfallen die Kröten in die Winterstarre.
Dies geschieht auch bei den wandernden Tieren, die zu diesem Zeitpunkt ihre
Winterquartiere erreicht haben. Im Gegensatz zur Frühlingswanderung bleiben
die Kröten also nicht aktiv, bis die Temperatur unter 5°C sinkt. Die
Frühlingswanderung nimmt somit eine Sonderstellung ein. Vom Beginn der
Laichplatzwanderung an fressen die Kröten nichts, während sie auf der
Herbstwanderung normal jagen. Die Zeit, während der die Kröten Nahrung zu
sich nehmen, ist also gleich lang, ungeachtet der Tatsache, ob das Tier am
Laichzug teilgenommen hat oder nicht. Die Laichplatzwanderung bedeutet also
sicher eine abnormale Leistung; so ist es nicht verwunderlich, dass die
Weibchen jeweils eine Pause einschalten. Ganz abgesehen davon, dass die
Weibchen bis zu 6’000 Eier produzieren, was sicher auch keine Kleinigkeit
ist. Zunahme, Stagnation, Rückgang? Ob die Zahl der Kröten in Zofingen abnimmt oder nicht, ist nicht so leicht
zu sagen. Wahrschein-lich geht die Zahl zurück; man kann das erwarten, wenn
man immer mehr Strassen und Häuser baut. Auch die vielen Gifte, die man
heute verwendet, setzen der sonst ausserordentlich zähen Erdkröte stark
zu. Die Frage ist hier wohl nicht „Nimmt die Zahl der Erdkröte ab?“,
sondern: „Stirbt sie gar aus ?“. Wo treffen wir überhaupt die
Erdkröten am empfindlichsten ? Diese Frage ist leicht zu beantworten: Es
ist ganz sicher der schlechte Zustand des Laichplatzes, der die Tiere
gefährdet. Ist das Wasser verschmutzt oder voller Fische, so dezimieren wir
die Kaulquappen. Besteht der Laichplatz überhaupt nicht mehr, so stirbt die
ganze Population innerhalb von zehn bis fünfzehn Jahren aus. Alle diese
Möglichkeiten konnte und kann man in Zofingen beobachten. Da wäre zum
Beispiel der Haldenweiher, zu Zeiten Fischer ‑ Sigwarts ein Juwel (um
1900). Sämtliche Amphibienarten des Mittellandes bewohnten ihn nebst
Ringelnattern und sogar Sumpfschildkröten; letztere wurden allerdings
eingesetzt. In der Folge wurde der Weiher stark vernachlässigt. Er
verschmutzte stark, trocknete zeitweise sogar aus. Der Erfolg: von den
Tau-senden dort laichenden Tieren blieben knapp 400 Erdkröten sowie 500
Grasfrösche übrig. Wenn man bedenkt, dass diese Tiere über fünfzehn
Jahre alt werden können, ist das ein kläglicher Rest. Andere Tierarten
traf es stärker. So sind verschwunden: der Teichmolch, der Kammolch, der
Laubfrosch, die Geburtshelferkröte, die Gelbbauchunke und der Wasserfrosch
(von den Reptilien ganz zu schweigen). Nun hat man den Teich neu gestaltet.
Ob er sich aber, trotz massiver Aussetzung von Amphibien, erholen wird, ist
noch ungewiss. Ganz anders der Bärenmoosweiher. Wegen seines kälteren Wassers war er nie
so artenreich wie der Haldenweiher. Aber auch hier hat man einen Fehler
gemacht. In ihm wurden Fische aus-gesetzt, und obwohl der Weiher unter
Naturschutz steht, wird dort gefischt. Es ist ein Wunder, dass es noch
niemand mit Regenbogenforellen versucht hat, denn dann wäre das Schicksal
der Amphibien besiegelt. Molche sowie einige andere kleine Amphibienarten,
aber auch der Was-serfrosch, wurden bereits ausgerottet. Glücklicherweise
haben die Lurche in einem Fisch einen Helfer. Der Hecht hält nämlich,
obwohl er ab und zu alte Frösche und Kröten frisst, die Zahl der Fische in
Grenzen. Durch die Fische sind vor allem die Kaulquappen gefährdet, ihnen
stellen alle Fische nach. Das gilt besonders für die Kaulquappen der
Grasfrösche, weniger für diejenigen der Kröten, die wegen ihrer
Giftigkeit von den Fischen gemieden werden. Eine Gefahr des Aussterbens
besteht. Eine Abnahme der Zahl der Fische wäre durchaus zu begrüssen.
Beson-ders
heute, wo noch so viele andere Gefahren für die Lurche dazukommen.
Die Zahl der Fische zu reduzieren wäre leichter, als kein Gift
mehr zu verwenden oder das Bauwesen zu stoppen. Man würde dadurch
einen gewissen Ausgleich schaffen. Damit könnte man vermeiden,
dass, wie im Talchenweiher in Strengelbach, der einmal die meisten
Frösche und Kröten des Bezirks be-herbergte, die Tiere beinahe vollständig aussterben. Ein
anderes Beispiel ist ein Feuerweiher im Riedtal, wo nach der Aussetzung von
Regenbogenforellen die dort zahlreich vorkommenden Ge-burtshelferkröten und
Bergmolche praktisch ausgerottet wurden. Erst die Zukunft wird zeigen, wie
sich die verschiedenen Gifte auswirken. Etwas anderes bedroht ebenfalls die zwei Populationen. Wir haben gesehen,
dass die Bedin-gungen im Haldenweiher wieder gut sind. Leider gilt das nicht
für die Umgebung. Einerseits wurde das ganze Hubersbergli überbaut, hohe
Mauern versperren den Kröten den Weg. Ande-rerseits
werden auf der Rebbergstrasse sehr viele Tiere überfahren. Deshalb
sieht dort die Zukunft für die Erdkröten nicht rosig aus.
Wenn es nicht gelingt, die Tiere auf andere Wege zu bringen, werden
bald keine mehr zum Laichen kommen. Beim Bärenmoosweiher ist es
gerade umgekehrt, hier sind die Bedingungen im Weiher schlechter,
dafür gefährdet nur eine Strasse, die Bottenwilerstrasse, die
Kröten. Diese Strasse wird von den wandernden Tieren vom Wald-rand bis hinauf zum alten Reservoir überquert. Die logische
Folge daraus ist also, dass man im Bärenmoosweiher die Bedingungen für
eine erfolgreiche Fortpflanzung und beim Haldenweiher die Wanderbedingungen
zum Weiher verbessern sollte. Schutzmassnahmen Zuerst ist zu sagen, dass jeder zum Schutze der Tiere beitragen kann, indem
er auf den von ihm benützten Strassen langsam fährt und ihnen ausweicht.
Ferner sollte niemand Wegränder und Hecken anzünden, das ist zudem
strafbar. Vielleicht kann sich der eine oder andere auch ent-schliessen,
Kröten von Strassen wegzutragen. Dabei ist die Wanderrichtung zu beachten,
denn es hat ja keinen Sinn, ein Tier wieder zurückzutragen. Einigen
Gartenbesitzern ist es vielleicht möglich, keine Gifte mehr zu verwenden.
Dies wäre auch im Hinblick auf andere Tiere, wie etwa den Igel oder die
Blindschleiche, wünschenswert. Haldenweiher
Bärenmoosweiher
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen nun wieder zurück zu den beiden Weihern
in Zofingen. Die ersten Massnahmen gelten ohne Zweifel den Kröten des
Haldenweihers. Hier gilt es, die Tiere am Durchqueren des Hubersbergli
‑ Quartiers und am Betreten der Strasse zu hindern. Dies kann man mit
Drahtgeflechtabschrankungen erreichen. Diese müsste man entlang des
Waldrandes anbringen, so dass die Kröten um die ganze Siedlung geleitet
würden. Eine Mög-lichkeit habe ich auf dem Plan eingezeichnet. Mit der Zeit
könnte man dann hoffen, dass die Kröten auch ohne Zaun den neuen Weg
benützen. Er müsste aber mindestens fünf bis sechs Jahre bestehen. Für
die Kröten des Bärenmoosweihers könnte man ebenfalls eine Schranke auf
der Nordseite der Bottenwilerstrasse errichten, es käme dort auch ein
tiefer Graben in Frage. Von Zeit zu Zeit könnte man die Tiere durch Röhren
auf die andere Strassenseite führen. |